Buchempfehlung: Remote

Buchempfehlung: Remote

2015 Apr 23

Die Autoren Jason Fried und David Heinemeier Hansson haben in dem Buch Remote: Office Not Required beschrieben, wie sich heute die Zusammenarbeit von Menschen organisieren und gestalten lässt, ohne dass man tagtäglich in einem klassischen Büro zusammensitzt. Das ganze Buch basiert auf den Erfahrungen der Autoren, die auf diese Weise ihre Firma über Länder- und Kontinente verteilt führen.

Vorweg: Das Buch wird in den Rezensionen teilweise für die Überschneidungen mit den früheren Werken Rework und Getting Real kritisiert. Ich teile diese Meinung nicht. Zwar gibt es tatsächlich einige Überschneidungen, dass man das Buch nicht zu lesen braucht wenn man die anderen schon kennt, das sehe ich aber nicht so. Das Buch beleuchtet das Thema Remote-Arbeit von vielen unterschiedlichen Seiten und schafft ein sehr gutes Bild mit vielen Facetten. Die Aspekte die schon in den Büchern über den Aufbau eines Startups und der Entwicklung eines Produktes behandelt wurden wegzulassen, würde einfach ein unvollständiges Bild ergeben.

Remote besteht wie die bisherigen Bücher aus vielen kurzen Kapiteln, die jeweils eine These aufgreifen und erkären. Die Thesen werden dabei noch in unterschiedlichen Themenbereichen organisiert, die sich mit den folgenden Schwerpunkten befassen:

  • Motivation für Remote Arbeit
  • Gängige Ausreden und die passenden Argumente dagegen
  • Möglichkeiten und Tools für verteilte Zusammenarbeit
  • Wo lauern die Gefahren?
  • Wie stelle ich Remote-Arbeiter ein?
  • Management von Remote-Arbeitern
  • Das Leben als Remote-Arbeiter

Prinzipiell sind die Autoren natürlich davon überzeugt, dass Remote Arbeit sinnvoll und möglich ist und vertreten diese Meinung auch offensiv. Trotzdem schafft das Buch ein überzeugendes Gesamtbild, denn es werden viele mögliche Gefahren und Hindernissen beschrieben und nicht schöngeredet. Die Lösung einiger Probleme ist einerseits absolut offensichtlich, wird aber meiner Meinung nach, in vielen Firmen nicht funktionieren. Die Grundaussage ist, dass man sich bei Remote-Arbeit nicht mehr hinter heißer Luft verstecken kann, sondern dass nur noch das Ergebnis im Mittelpunkt steht. Das gilt allerdings für beiden Seiten – Angestellte und Manager. Wenn eine der beiden Seiten ihre Aufgaben nicht gut erfüllt, lässt sich das nicht mehr verstecken und wird offensichtlich.

Die Konsequenz für die Firmen ist, dass die „Unterperformer“ erkannt und gefeuert werden können. Das Buch fokussiert sich hier auf die absolut motivierten und engagierten Leute, die natürlich nicht zu den Unterperformern gehören. Wo die Unterperformer bleiben würden, wenn alle Firmen so arbeiten würden, bleibt offen. Insgesamt wird aber nicht propagiert, Remote-Arbeit als Mittel zur noch besseren Ausbeutung zu mißbrauchen, sondern zur Erhöhung der Qualität von Zusammenarbeit und Produkten und des Lebens aller Beteiligten. So wird zum Beispiel deutlich gemacht, dass die reale Gefahr, die man als Manager bekämpfen muss, nicht etwa die Untätigkeit sondern das Ausbrennen von motivierten Leuten ist. Dass die Mitarbeiter zu Hause, wo sie nicht beobachtet werden können, lieber Katzenvideos sehen als zu arbeiten, ist eine viel kleinere Gefahr, als dass die Leute rund um die Uhr arbeiten und irgendwann umfallen.

Die Konsequenz für die Angestellten ist, dass sie weltweit nach den besten Firmen suchen können und ein traumhaftes Leben mit einer ausgeglichenen Work-Life-Balance führen können. Viele der heutigen Motivationsprobleme werden auf schlechtes, bzw. fehlendes Management und mangelhafte Struktur und Organisation zurückgeführt. Die Antwort auf die Bedenken der Manager „Wenn ich sie nicht sehe, kann ich nicht kontrollieren ob sie arbeiten“ lautet: „Wenn fehlendes Vertrauen das Problem ist, dann bist Du kein Manager sondern Babysitter. Remote Arbeit ist das geringste Deiner Probleme“. In den Augen der Autoren machen viele Manager in vielen Firmen heute einen schlechten Job, was man als Angestellter aber zunächst auf sich selber bezieht. Hat man als Angestellter erstmal das Selbstbewusstsein gewonnen, eine Firma auf diese Weise zu bewerten, dürften die meisten Unternehmen als attraktive Arbeitgeber ausfallen. Steigert man auf diese Weise die Ansprüche auf beiden Seiten, erfordert das natürlich eine große Reife aller Beteiligten, um bei einem ausgeglichenen Lebensstil bleiben zu können. Die ruhige Kugel, die man mit vielen Großkonzernen verbindet, lässt sich so bestimmt nicht mehr schieben.

Ob man nun Remote-Arbeit für sich oder seine Firma in Erwägung zieht oder nicht, Remote ist ein wirklich lesenswertes Buch, dass einen guten und umfassenden Blick auf das Thema gibt. Da ich momentan als Freelancer arbeite und ein Startup aufbaue, ist das Thema für mich natürlich besonders interessant. Gerade einige der praktischen Tipps rund um Tools und Organisation lassen sich gut und direkt ins tägliche Arbeiten übernehmen.

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